Unsere Gedenkveranstaltungen seit 2015
Von Heidi Rank
Nach dem Verlegen der Stolpersteine für die jüdischen Mitbürger Schöningens begann seit Januar 2015 die ausgeweitete Gedenkarbeit des Arbeitskreises, zunächst mit Gedenkgottesdiensten in der St. Vincenzkirche, seit 2019 als Gedenkveranstaltung im Gymnasium Anna-Sophianeum in Schöningen. Die Veranstaltungen fanden jeweils um den „Holocaustgedenktag“ am 27. Januar zu unterschiedlichen Schwerpunktthemen statt und wurden in Zusammenarbeit mit den drei weiterführenden Schulen Schöningens, besonders dem Gymnasium, durchgeführt.
Dabei engagierten sich viele Schülerinnen und Schüler (unter Betreuung einiger Lehrkräfte) mit Lesungen und musikalischen Beiträgen, die teilweise von einer Schülerin selbst komponiert und getextet wurden. Jährlich wurde ein thematischer Schwerpunkt gesetzt:
2015 der Holocaust
2016 die Geschichte der Anne Frank, die 1945 in Bergen Belsen gestorben ist.
2017 erinnerten wir im Gottesdienst in der St. Vincenz Kirche an den jungen jüdischen Wolfenbüttler Joachim Esberg, der 1933 nach Belgien floh und dort studieren konnte. Von dort wurde er nach seiner Verhaftung durch die Deutschen in verschiedene Internierungslager und schließlich nach Auschwitz gebracht, wo er verstarb. Er hatte viele eindrucksvolle Gedichte geschrieben, in denen er seine Gefühle in der Zeit ausdrückte, von denen einige im Gedenkgottesdienst vorgetragen wurden.
2018 wählten wir das Thema „Euthanasie“ im Zusammenhang mit der Ausstellung „Der Graue Bus“ über die NS-Euthanasieverbrechen, auch in der Region, Neuerkerode und Königslutter. Die Ausstellung zeigten wir im Schöninger Rathaus, sie wurde von zahlreichen Besuchern, besonders Schulklassen besucht. In diesem Zusammenhang erinnerten wir auch an die Schöninger Brüder Wolfgang und Günther Heinemann, die 1941 zunächst in die „Neuerkeröder Anstalten“ gebracht und 1943 in die Euthanasie-Tötungsanstalt Hadamar bei Limburg gebracht und dort umgebracht wurden.
2018 konnte das Gymnasium auch den Holocaustüberlebenden Sally Perel für eine Lesung aus seinem eindrucksvollen Buch „Hitlerjunge Salomon“ gewinnen.
Der Themenschwerpunkt 2019 der ersten Gedenkveranstaltung im Gymnasium war der leider immer und nun wieder zunehmend brisante Antisemitismus. Einen sehr guten Einführungsvortrag und Gedanken zum Thema gab Herr Maus (ehemaliger Chefredakteur der BZ) in der Veranstaltung. Begleitend hatten wir eine Ausstellung im Rathaus organisiert, in der wieder vielen Interessierten ein Überblick über die Geschichte und verschiedene aktuelle Ausprägungen des Antisemitismus vermittelt werden konnte.
2019 begannen wir mit einer zusätzlichen Veranstaltung zu den Gedenktagen, „Musik und Worte gegen das Vergessen“ im Schöninger Rathaus. Wir lasen Gedichte der Jüdin Selma Meerbaum-Eisinger aus ihrem Buch „Ich bin in Sehnsucht eingehüllt“. Sie kam mit nur 18 Jahren im Zwangsarbeitslager Michailowka zu Tode. Mit musikalischen Beiträgen, u.a. Klezmermusik, unterstützten uns Mitglieder der Kreismusikschule Helmstedt.
Seit 2019 bemühten wir uns zusammen mit dem Gymnasium, die Holocaustüberlebende Esther Bejarano mit ihrer Musikgruppe „Microphone Mafia“ nach Schöningen zu holen, leider aufgrund ihres Alters und Gesundheitszustandes vergeblich. Nun ist sie leider dieses Jahr im Juli verstorben.
2020 konnten wir gerade noch im Januar und Februar vor den Einschränkungen im Zusammenhang mit der Pandemie die vorläufig letzten Veranstaltungen zum Holocaustgedenken durchführen. Das Schwerpunktthema war in dem Jahr „Kinder im Holocaust“. In der Veranstaltung im Gymnasium berichteten Auszubildende von VW von ihrer freiwilligen von VW organisierten Gedenkstättenarbeit zusammen mit polnischen Jugendlichen in Auschwitz. Sie konnten dem vorwiegend jugendlichen Publikum der Schule/n besonders eindrucksvoll und mit Fotos und Filmen ihre tiefgreifenden Eindrücke vermitteln. Eine begleitende Ausstellung im Rathaus mit dem Titel „Sterne ohne Himmel“, erstellt von der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem, zeigte das Leben der Kinder in vielfältigen Facetten unter der Last und Gefahr des Holocaust. Die Einführung hielt Frau Ines Doberanzke-Milnikel, die den Förderverein der Internationalen Jugendbegegnungsstätte Oswiecim-Auschwitz gründete und die Gedenkstättenarbeit bei VW leitet.
In der Lesung „Worte und Musik gegen das Vergessen“ trugen wir in diesem Jahr Gedichte des jungen Wolfenbütteler Juden Joachim Esberg vor, wieder begleitet durch die Kreismusikschule Helmstedt.
Am 9.11. 2020 konnten wir mit einem Geschichtskurs des Gymnasiums unter Leitung von Herrn Hagelstein (der uns seit 2015 bei den Veranstaltungen unterstützte) die Stolpersteine der Familie Wolff vor dem Haus Wilhelmstraße 25 im Rahmen der regionalen Aktion des Netzwerkes unter dem Motto „Erinnerung aufpolieren“ putzen.
Am 27. Januar 2021 konnten wir „coronabedingt“ leider keine Gedenkveranstaltung in größerem Rahmen durchführen, so gedachten allein wir drei Mitglieder des Arbeitskreises hier am Gedenkstein mit Herrn Brich von der BZ der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus.
Für dieses Jahr 2021 versuchen wir zum 9.11. eine Veranstaltung zu organisieren.
Stolpersteinverlegung für Familie Lauterstein
Anmerkung der Redaktion:
Die Arbeitsgemeinschaft Stolpersteine begann im Jahr 2011 mit vier Personen: dem Ehepaar Rosemarie und Manfred Saak, Edith Willeke und Christiane Willeke-Sonnenbrodt. Seit 2016 besteht der Kreis aus dem Ehepaar Saak und Heidi Rank.
Ihnen gilt unser Dank, dass sie das Gedenken durch die Stolpersteine sichtbar gemacht haben und weiterhin dafür sorgen, dass das Leiden all der Verfolgten und Ermordeten immer wieder aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und so das Gedenken an unsere Mitbürger wachgehalten wird.