Von der Gründung des Roten Kreuzes bis zum Roten Kreuz Ortsverein Schöningen
In einem geschichtlichen Teil berichtete Georg Much zur Entstehung des Roten Kreuzes und im religiösen Teil spannte Pfarrer Olszak den Bogen zu den Problemen der Menschen heute. Einige Mitglieder der Gitarrengruppe von St. Marien begleiteten den gemeinsamen Gesang.
Zur Geschichte
Henry Dunant
154 Jahre ist es her, dass fünf Mitglieder einer Kommission vereinbarten aus ihrer Versammlung eine ständige Einrichtung unter dem Namen „Internationales Komitee der Hilfsgesellschaften für die Verwundetenpflege“ zu schaffen. So geschehen am 17. Februar 1863.
Henry Dunant, geboren am 8. Mai 1828 in Genf als Jean-Henri Dunant, ist maßgeblich für diese Gründung verantwortlich. Doch was war der Anlass für sein Bestreben? Dunant erfuhr von seinen Eltern eine tiefe christliche Prägung, die ihn schon in jungen Jahren zu vielfältigem sozialem Engagement trieb. Mit 19 Jahren wurde er Sekretär der Evangelischen Allianz und gründete einen Bund junger Menschen, die sich zu Bibelstudien trafen und hungernde und kranke Menschen unterstützten.
Er verbrachte viel Zeit damit, Gefangene zu besuchen und armen Menschen Hilfe zuteil werden zu lassen.
Mit 24 Jahren gründete er eine Genfer Gruppe des Christlichen Vereins junger Männer (CVJM), eine Bewegung, die aus der Evangelischen Allianz hervorging.
Solferino
Seine Geschäfte führten Dunant nach Algerien, Tunesien und Sizilien. Wegen Schwierigkeiten bei den Land- und Wasserrechten seiner Mühlengesellschaft in Algerien wollte er direkten Kontakt mit Napoleon III aufnehmen, der sich gerade wegen einer Schlacht in Solferino aufhielt.
Am Abend des 24. Juni 1859 kam Henry Dunant am Schlachtfeld bei Solferino vorbei und war erschüttert. Unzählige Tote, Verwundete und Sterbende (später sprach man von fast 40000 Soldaten) lagen auf dem Schlachtfeld verstreut und er sah niemand, der sich um diese Menschen kümmerte. Die Hilfe des Militärs in den nächsten Tagen war höchst unzureichend. Dunant war so sehr betroffen, dass er sofort mit Hilfe der Zivilbevölkerung Hilfe leistete. Die Helferinnen, es waren meist Frauen und Mädchen, machten bei ihrer Hilfe keinen Unterschied. Als Losung entwickelte sich der Spruch: „Tutti fratelle! – Alle sind Brüder!“ Egal welche Nationalität der Soldat hatte, er bekam Hilfe. So konnten viele verwundete und kranke Soldaten versorgt werden. Als Dunant merkte, dass es aber trotzdem an allem fehlte, ließ er auf seine Kosten Verbandsmaterial und Hilfsgüter herbeischaffen und ließ Behelfshospitäler einrichten.
Aber trotz all dieser Maßnahmen starben viele der verwundeten Soldaten.
Dieses Erlebnis bei Solferino hat Henry Dunant nachhaltig geprägt und da das Erlebte ihn sehr stark beschäftigte, verarbeitete er die Geschehnisse in einem Buch mit dem Titel „Eine Erinnerung an Solferino“.
Darin beschrieb er die Schlacht, das Leiden und die chaotischen Zustände nach der Schlacht. Darüber hinaus entwickelte er in diesem Buch die Idee, wie zukünftig das Leid der Soldaten verringert werden könnte: Auf einer Basis von Neutralität und Freiwilligkeit sollten in allen Ländern Hilfsorganisationen gegründet werden, die sich im Fall einer Schlacht um die Verwundeten kümmern würden. Im September 1862 ließ er das Buch auf eigene Kosten von der Genfer Buchdruckerei Fick in einer Auflage von 1600 Exemplaren drucken und verteilte es anschließend in ganz Europa an viele führende Persönlichkeiten aus Politik und Militär. (4)
Gründung des Roten Kreuzes
Seine Ideen fanden überall Anerkennung, so dass bald eine zweite und dritte Auflage gedruckt wurde und Übersetzungen ins Englische, Deutsche, Italienische und Schwedische erfolgten.
Nur 5 Monate später, schon für den 9. Februar 1863, setzte der Jurist Gustave Moynier dieses Thema auf die Tagesordnung der Genfer Gemeinnützigen Gesellschaft und 8 Tage später erfolgte die eingangs erwähnte Gründung (des Roten Kreuzes) und mit ihr die weitere Verbreitung der Gedanken für die Initiierung der Genfer Konvention, die bereits im Jahr 1864 in einem 1. Abkommen unterzeichnet wurde.
Verarmt
Da Dunant sich so sehr für seine Idee und Hilfen eingesetzt hatte, vernachlässigte er dabei sein Geschäft. Er hatte dadurch erhebliche Schulden aufgebaut und seine Mühlengesellschaft musste Konkurs anmelden. Man warf ihm Betrug an den Aktionären vor und er wurde vom Gericht verurteilt für alle Schulden aufzukommen.
Er wurde vom Roten Kreuz ausgeschlossen, verließ Genf und verarmte zusehends. Trotzdem lebte er weiter für diese Idee und versuchte durch halten von Reden seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Doch dies reichte nicht und bald lebte er in ärmsten Verhältnissen. 1887 zog Dunant nach Heiden. Dort freundete er sich bald mit dem Dorfschullehrer Wilhelm Sonderegger an. Dieser konnte gut Französisch und übersetzte ihm viele Briefe und Texte. Dunant begann auch, seine Memoiren aufzuschreiben.
Wiederentdeckt
1895 erhielt der St. Galler Journalist Georg Baumberger vom Verleger der weitverbreiteten deutschen Illustrierten “Über Land und Meer” einen Auftrag. Er sollte einen Bericht über Dunant abfassen. Baumberger war einer der wenigen, die von Dunant empfangen wurden. Sein Artikel löste ein weltweites Echo aus. Dunant, von dem man in Genf behauptete, er sei längst gestorben, lebte also noch! Nach vierjähriger Arbeit erschien 1897 in Stuttgart (D) das Werk über “Die Entstehungsgeschichte des Roten Kreuzes und der Genfer Konvention”. Rudolf Müller, ein Freund von Dunant aus Stuttgart, hatte es geschrieben. Die Auflage wurde durch die Stuttgarter “Dunant-Stiftung” finanziert. Sie hatte das Ziel, “die Lage des Herrn Dunant zu verbessern” und “es ihm zu ermöglichen, im Geiste des von ihm geschaffenen Werkes weiterzuwirken”.
Am 10. Dezember 1901 erhielt Henry Dunant ein Telegramm aus Kristiania, dem heutigen Oslo. “Das Nobelkomitee des Norwegischen Parlaments hat die Ehre, Ihnen mitzuteilen, dass es den Friedensnobelpreis für 1901 zu halben Teilen Frédéric Passy und Henry Dunant zuerkannt hat.” (4)
Danach wurde es wieder sehr still um ihn. Dunant verließ das Haus monatelang nicht und sonderte sich immer mehr ab. Er sah die Zukunft düster. Er geißelte die Entwicklung immer stärkerer Waffen: “Es scheint, der Fortschritt der modernen Zivilisation bestehe vor allem im Erfinden der besten Zerstörungsmaschinen.” Anderswo stellte er klar: “Dabei ist der wirkliche Feind nicht die Nachbarnation, sondern die Kälte, das Elend, die Unwissenheit, die Gewohnheit, der Aberglaube, das Vorurteil.” (4)
Dunant starb am 30. Oktober 1910 in Heiden in der Schweiz.
Sanitätskolonne
Wie kam es nun in Schöningen zur Gründung des Roten Kreuzes? Auf Initiative der Feuerwehr wurden um 1890 Zivilpersonen zum Samariter ausgebildet. Ausbildungsleiter war der in der Schützenbahn 12 ansässige praktische Arzt und Geburtshelfer Dr. Paul Kuthe. Die neuen Samariter kamen meist aus den Reihen der Feuerwehr und den Turnvereinen MTV und TC, nur wenige waren nicht vereinsgebunden. Wegen dieses losen Zusammenschlusses der Samariter wollten Carl Heine, Fritz Raddatz und Otto Berking in Anlehnung an die Feuerwehr einen festen Verband gründen und bildeten am 18. September 1892 eine feste Organisation unter dem Namen „Samariter-Verein des Amtes Schöningen“.
Dieser Verein wurde mit den Jahren eigenständiger und wird 1907 unter dem Namen „Freiwillige Sanitätskolonne“ geführt.
1. Vorsitzender Fritz Raddatz; 2. Vorsitzender Carl Heine; Schriftführer Otto Berking
Es hatte sich bereits ein Landesverband Braunschweig vom Roten Kreuz gebildet und da man sich diesem anschließen wollte, musste der Verein der „Freiwilligen Sanitätskolonne“ sich neue Ziele setzen. Während bisher nur ausgebildete Sanitäter in den Verein aufgenommen wurden und „Helfen und Heilen“ im Vordergrund stand, sollten nun im Verein neue Mitglieder zu Sanitätern ausgebildet werden. Dies war die Voraussetzung für den Anschluss an den Landesverband Braunschweig des Roten Kreuzes. Am 3. November 1912 wurde diese Neugliederung festgeschrieben, so dass dieser Tag als Gründungstag der „Freiwilligen Sanitäts-Kolonne vom Roten Kreuz“ anzusehen ist.
„Damit war Schöningen einer der ersten Ortsvereine in Niedersachsen“, so berichtete bei der 100-Jahr-Feier 2012 der damalige Vorsitzende des DRK Niedersachsen Horst Horrmann. Die förmliche Erlaubnis, das „Rote Kreuz auf weißem Grunde als Emblem zu führen und den Zusatz vom „Roten Kreuz“ zu verwenden“, wurde allerdings erst 1914 erteilt. (Unten eine Abschrift)1.
Vorsitzender wurde wieder Carl Heine. Als Vereinslokal wurde der Goldene Löwe in der Wilhelmstraße 10, heute Schließer Bike, gewählt „Die Kolonne war verpflichtet, im Falle der Mobilmachung auf Anforderung die Hälfte des Personalbestandes der Sanitätsinspektion zur Verfügung zu stellen. Die Bewährungsprobe für die in der Heimat verbliebenen Mitglieder des Vereins kam bald. Der 1. Weltkrieg forderte den Einsatz der Schöninger Sanitäter vor allem in den drei Schöninger Reservelazaretten. Deutsches Haus, Schulgebäude an der Schützenbahn (heutige Grundschule) und Schützenhaus.“ (4)
Aufgaben im Ortsverein
Das Jugendrotkreuz wurde im Jahre 2008 von Matthias Baake gegründet. Die Gruppe trifft sich jeden Freitag ab 17.00 Uhr. 16 Kinder und Jugendliche trainieren sich in Erster Hilfe, nehmen an Wettbewerben teil (Pokale wurden auch schon gewonnen). Sie übernehmen auch schon Juniorsanitätsdienste. Die Gruppe betreut die Weihnachtsbäckerei beim Weihnachtsmarkt in Schöningen und geht einmal im Monat in die Clus, um gemeinsam mit den Bewohnern verschiedene Aktivitäten durchzuführen.
Alle 14 Tage trifft sich die Bereitschaft des Schöninger DRK zum Üben und Festigen praktischer und theoretischer Kenntnisse.
Seniorengymnastik jeden Dienstag im DRK-Heim 9.00 – 10.00 Uhr sowie 10.15 – 11.15 Uhr
Wassergymnastik im Hallenbad Büddenstedt Mittwochs von 8.30 – 9.00 Uhr sowie 9.00 – 9.30 Uhr
Wassergymnastikzeiten in Schöningen die Kurse sind leider bereits belegt. Die Gymnastikstunden leitet Hiltrud Ahrens.
2010 löste Marlies Dreyer ihren Vater im Vorsitz ab und 2012 folgte ihr Matthias Baake als 1. Vorsitzender.
Die Vorstandsmitglieder tragen ihren 1. Vorsitzenden Matthias Baake auf Händen. Ein gutes Zeichen, denn ohne seine Mannschaft kann ein Vorsitzender nicht bestehen. Zum Vorstand gehören weiter: Jutta Hötling, stellvertretende Vorsitzende und Bereitschaftsleitung; Burkhard Hötling, Schatzmeister; Marco Jäger, Schriftführer; Maria Kretschmer, Beisitzerin
Mitglieder
Der Ortsverein Schöningen hat zur Zeit (2017) etwa 400 Mitglieder, von denen lediglich 12 aktive Sanitäter in der Bereitschaft sind. Das Jugendrotkreuz hat 16 Mitglieder, von denen 4 aber schon in der Bereitschaft mithelfen können. 1988 zählte der Verein ca. 900 Mitglieder, 30 Frauen und 15 Männer leisteten aktiven Dienst 1972 waren es 71 Aktive und 336 fördernde Mitglieder.
Carl Heine
Carl Heine war Friseur und als er am 1. November 1924 sein vierzigjähriges Geschäftsjubiläum feierte, erschien in der Schöninger Zeitung ein Artikel, der die ehrenamtliche Tätigkeit zur damaligen Zeit anschaulich beschreibt. Das vierzigjährige Geschäftsjubiläum „feiert morgen der Barbier und Friseur Carl Heine, der zugleich auf eine 32jährige Tätigkeit im Sanitätsdienste der Stadt und auf 33 Jahre Sanitätsdienst der freiwilligen Feuerwehr zurückblicken kann. Der Jubilar ist eine in unserer Stadt und weitestem Umkreise bekannte und beliebte Persönlichkeit. … Die Allgemeinheit, insbesondere die Stadt Schöningen, hat dem Jubilar viel zu danken, denn seit dem Jahre 1892 hat er den verantwortungsvollen und gewiss nicht beneidenswerten Posten eines Heilgehilfen und Sanitäters mit seltener Gewissenhaftigkeit und Treue ausgeübt. Nach vielen Tausenden zählen die Kranken, die er im Laufe der Jahre den Krankenhäusern in Helmstedt, Braunschweig usw. zugeführt hat, sich vielfach der größten Ansteckungsgefahr aussetzend, so z.B. bei der großen Typhusepidemie im Jahre 1916/17, wo er allein 179 Typhuskranke nach Helmstedt schaffen musste. Unzählig sind ferner die Fälle, wo er Verunglückten die erste Hilfe angedeihen ließ… Als langjähriger 1. Vorsitzender der Freiwilligen Sanitäts-Kolonne hat sich Carl Heine, ebenfalls besonders während des Weltkrieges, bei Überführung der Verwundetentransporte in die Lazarette mannigfache Verdienste erworben, die auch höheren Orts durch die Verleihung der Roten-Kreuz-Medaille und des Braunschweigischen Verdienstkreuzes Anerkennung fanden.“ (6)
Im Jahre 1925 wird der Vereinsname erweitert und lautet nun „Freiwillige Sanitätskolonne vom Deutschen Roten Kreuz zu Schöningen“.
Vorsitzender: K. Heydenreich
Im Rahmen der Zwangsvereinheitlichung des gesellschaftlichen Lebens zur NS-Zeit musste der Verein 1938 aufgelöst werden und wurde aus dem Vereinsregister gelöscht. Die Arbeit geschah weiter, aber die Aufsicht unterlag letztlich dem NS-Regime. Das die Arbeit weiterging, belegt ein Zeitungsartikel aus dem Jahre 1940, der aussagt, dass Bürgermeister Scheifele zum Leiter der Ortsgemeinschaft bestimmt wurde, weil der bisherige Leiter Dr. Graumann zum Heeresdienst einberufen wurde.
Nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurden je eine männliche und eine weibliche Bereitschaft gebildet, die bis zur Neugründung dem Kreisverband Helmstedt unterstanden.
Diese Neugründung des Deutschen Roten Kreuzes, Ortsverein Schöningen, erfolgte 1956. Willi Röpke aus Hoiersdorf wurde Vorsitzender des Vereins und blieb dies bis 1976. 1961 wurde Hermann Germer sein Stellvertreter. Seit 1967 wird die Blutspendeaktion durchgeführt. Von 1972 an findet sie 4–5 mal im Jahr in der Eichendorff-Schule statt.
Helene Stümpel
Exemplarisch für die Arbeit im Ortsverein soll an dieser Stelle Frau Helene Stümpel erwähnt werden, die im Jahr 2004 für ihren 60jährigen Einsatz geehrt wurde. Die Dankesworte von dem damaligen 1. Vorsitzenden Hans-Joachim Buse fassen diesen Einsatz gut zusammen. „In dankbarer Anerkennung 60jähriger, ehrenamtlicher Arbeit beim Deutschen Roten Kreuz Ortsverein Schöningen e.V. ehren wir heute die Kameradin Frau Leni Stümpel. Sie wurde am 6.7.1923 in Söllingen geboren und trat am 18.3.1944 während des 2. Weltkrieges dem Deutschen Roten Kreuz als Helferin bei. Aushilfsdienste und das Herrichten der Verpflegung in den Entbindungsstationen Heidenkönig und der Clus gehörten zu ihren Einsätzen. Teilnahme an Kursen wie häusliche Pflege und Verpflegung bei Katastrophen fehlten natürlich nicht. Nebenbei war sie ca. 20 Jahre als Kassiererin im Ortsverein tätig. In den Jahren 1974 — 1995 war sie die Ansprechperson für die Blutspende in Schöningen. Nicht zu vergessen sind die Einsätze beim Weihnachtsbasar „Unteilbares Deutschland“ und beim Mitgestalten des Europamarktes in Schöningen.
Natürlich ist sie auch immer noch beim Senioren-Kaffeenachmittag im DRK-Heim tätig. … und wurde am 18.3.2000 … zum Ehrenmitglied ernannt.“
1992 konnte sie die 20000. Blutspende bekannt geben. In diesem Jahr 2017 wird also seit 50 Jahren Blut gespendet und wenn wir die Zahlen hochrechnen, sind etwa 40000 Blutspenden abgegeben worden. Genau wie zu Frau Stümpels Zeiten werden auch heute leckere Brote zubereitet und Getränke bereit gestellt, damit die Blutspender sich nicht sofort wieder in ihren Alltag begeben, sondern sich zunächst stärken können. Heute allerdings werden auch Gegrilltes sowie Suppe und Salate angeboten.